Bei Durchsicht meiner Bücher: Kein Reim drauf.

In einem Notizbuch, dass ich (neben dem Skizzenbuch) oft dabei habe, um ein paar lose Gedanken reinzuschreiben, die ich nicht verlieren will, habe ich drei, nun ja, Gedichte, gefunden.
Sind alle drei nicht fröhlich. Aber mir gefallen sie.

Die ersten beiden gucken auf die Stadt, in der ich aufgewachsen bin,
in der meine Eltern heute noch leben. 

Hier das erste:
Das Haus ist faul,
sein Fundament ist mürbe,
die Mauern angefressen,
ausgehöhlt.

Das Beste ist,
wir reißen's ab.

Gut, es wird eine Lücke geben
und sicher tut es denen weh,
für die es früher groß und sicher war,
die selber größer wurden
und zu groß für dieses Haus.

Und raus.

Wo eine Häuserzeile stand,
gebaut zur Gründerzeit,
in kurzer Jahre Folge,
da siehst Du Schilder
"Hier entsteht".

Und jede Lücke ist Projekt,
ist Warnung, Drohung an die alten
Häuser, Menschen, die noch da sind.
Nicht mehr lange.

Wer jung genug ist, geht,
woanders alt zu werden.

Und aus.

Hier das zweite:

Du bist müde, kleine Stadt.
Dein Kinosaal bleibt dunkel,
die letzten Filme lagern in eingestaubten Dosen
und da ist niemand, der sie sehen will.

Die Tresen werden schmieriger.
es lohnt nicht, sie zu putzen.

Vereinzelt sitzt da wer vor seinem Bier.
Kein Schaum, die Stühle bleiben hochgestellt.

Gutbürgerlich geht lang schon nicht mehr gut.
Und griechisch, italienisch, Döner
macht es auch nicht besser.
Die Schüsseln bleiben leer.

Auf deinen Dächern die Antennen
sind dünn wie Spinnweb.

Das Krankenhaus verwandelt
in ein Pflegeheim.
(Wer wirklich krank ist, verlässt die Stadt
und kommt nicht wieder.
Wer kerngesund ist, sowieso.)

Die Molkerei, seit 40 Jahren zu.
"Wo war denn die noch eigentlich? Ach, da?"
Dein Hallenbad, vor ein paar Jahren hochmodern,
schaut heut mit großen, blinden Fenstern
auf einen Stadtrand, der es blieb,
obwohl als Wohnreserve ausgewiesen,
zu Anfang sogar angepriesen.

Bist alt geworden, kleine Stadt.
Klein geworden, Alte.

Und all die neuen Supermärkte sind Dir fremd,
sind künstlich eingepflanzt,
wie Knie- und Hüftprothesen,
wie neue Zähne, glänzend eingepflanzt.

Sie machen dich nicht jünger.
Aber älter fühlen.


Und hier das dritte:
Da draußen ist kalt.
Ist still.

Hier drinnen trinkt man roten Wein
bei Kerzenlicht und plaudert.
Dummes Zeug dabei, was soll's!
Hier drinnen ist gemeinsam.

Hier drinnen ist gemeinsam.
Da draußen ist einsam.

Hier ist wir.
Da ist ich. 

Das war's auch schon.

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