Musik für junge Leute (nach der Schule)

Ich bin aufgewachsen in der Zeit vorm Privatradio. Bei uns zuhaus stand ein Nordmende-Kasten aus braunem Holz, mit beiger Stoffbespannung vor dem einen Lautsprecher, mit einem magischen Auge, zwei Drehhknöpfen zur Snedrsuche und Lautstärke-Einstellung und dicken Tasten, die man noch richtig kraftvoll runterdrücken musste, um von UKW zu MW oder KW zu wechseln.
Und gehört wurden die Sender des Norddeutschen Rundfunks, meist NDR 2. Da plauderte dann unter anderem Monika Jetter – eingeleitet von einer Erkennungsmelodie, die sich mir in den Schädel gebrannt hat und die ich wahrscheinlich auch noch 1A vor mich hin brummen werde, wenn ich mal dement bin: jaddadah, jaddadah, jaddadah...
Sie und ihre Kollegen moderierten Zeug wie NDR 2 von neun bis halb eins, und das hab ich mangels Alternativen dann halt so mitgehört. Wenn ich Pech hatte, waren meinen Eltern selbst das Tanzorchester ohne Namen (unter Leitung von Franz Ton) und James Last zu flott, dann drehten sie den Knopf zu NDR 1 und Ernst Mosch spielte mit seinen Egerländern.
Aber es gab Nischen: Sonntags freute ich mich auf und über Wolf-Dieter Stubel und die Internationale Hitparade.

Unauslöschlich: Die Titelmelodie der Internationalen Hitparade

Da liefen so Sachen wie Supertramp oder Eric Clapton, Kate Bush sang Wuthering Heights, Led Zeppelin machten eine Art musikalischen Schwanzvergleich mit Whole Lotta Love, und ich saß mit meinem ersten Cassetttenrecorder davor und hielt das Mikro ans Radio.

Als ich den aus dem Gedächtnis gezeichnet habe, 1984,
hatte ich schon längst eine Stereoanlage.

Abends gab's dann den "Club", und irgendwann am frühen Nachmittag noch die "Musik für junge Leute nach der Schule". Auch da war mein SABA CR 325 H im Einsatz.
Eine Handvoll Sendungen auf NDR 2 – das war's.

NDR 1 war für alte Säcke, wie meine Eltern sie waren.

Dann kam Privatradio.

Und ich war ja auch schon groß und hörte auf der Arbeit gern Radio Hamburg oder RSH oder auch mal FFN – denn die hatten immer die aktuellen Hits, die junge Leute eben hören wollen. Aus der Hitparade wurden Charts, Michael Jackson thrillerte und alles war gut.

Wenn wir heute mit dem Auto unterwegs sind – zuhause haben wir nur selten das Radio an – dann stellt mein Sohn Radio Hamburg an, und ich möchte lieber eine CD oder gleich gar nichts hören. Manchmal führt mich der Sendersuchluf zu NDR 1.

Da laufen dann so Sachen wie Supertramp oder Eric Clapton, Kate Bush singt Wuthering Heights, Led Zeppelin verprechen brüllend Whole Lotta Love, Michael Jackson ist bad, und ich singe und brülle mit, bis mein Sohn sagt: Hör auf.

Sag ich doch: NDR 1 ist für alte Säcke.



P.S. Immerhin hab ich noch nicht zu meinem Sohn gesagt, das, was er da hört, wäre doch keine Musik. Immerhin.




3 Kommentare:

Unknown hat gesagt…

Und denn?

Der Teemeister hat gesagt…

"Musik für junge Leute" war ein echter, unvergesslicher Höhepunkt für mich hinter dem Eisernen Vorhang, so ab 1968. Die Hitparade auf NDR2 leif Samstag 18 Uhr, und wurde Sonntag Mittag wiederholt, ich denke um 13 Uhr. In Leipzig habe ich das bestens auf UKW empfangen, und ab 1969 fleissig mitgeschnitten - erst auf Spulentonband, später auf Kassettenrekorder, dann wieder auf Tonband. Mikro an den Lautsprecher halten? Im Goldenen Westen? Da waren wir weiter - wir nutzten das verlustfreie Diodenkabel ;-)

Anonym hat gesagt…

14.05 Uhr Radio anhaben, "Musik für junge Leute" hören und versuchen, die Musiktitel, die einem gefielen, möglichst komplett aufzunehmen, das war jahrelang mein Alltag.

Die Uhrzeit entsprach dem damaligen Tagesablauf. Die "jungen Leute" waren aus der Halbtagsschule zurück, hatten Mittag gegessen und viele Erwachsene machten Mittagspause und hörten kein Radio. Von 13 bis 15 Uhr war "Mittagsruhe". Hatte man nichts anderes vorher vereinbart, rief man in dieser Zeit nicht an und klingelte nicht an der Tür. Die Geschäfte waren geschlossen.

Wenn man früher Schulschluss hatte, könnte man die Plattenkiste hören. Je nach Besuchern waren deren Musikwünsche eine weitere Möglichkeit, an Aufnahmen von Musik zu gelangen.

Herausstechend war eigentlich, dass es kein Format-Radioprogramm im heutigen Sinne war. Je nach Moderator kam eine Mischung aus aktuellen Hits, neuen Titeln und Titeln der 60er und 70er Jahre auf Sendung. "Whole Lotta Love" habe ich auch zig Mal gehört. Das ist keine Dudelmusik zur diskreten Hintergrundbeschallung.

Auf NDR 2 verschwindet 1984 "Musik für junge Leute" und "Der Club" von 18 bis 20 Uhr wird nun die tägliche Musiksendung.
Hunderte von Cassetten Lagernummer noch hier, die Musikstücke in der Reihenfolge wie man sie am Radio aufgenommen hatte. Manchmal mehrfach, um eine möglichst vollständige Aufnahme zu haben, insbesondere bei geliebten Stücken. Denn üblicherweise quatschten die Moderatoren am Ende in die Musik. Dann müsste man etwas zuruckspulen, abhören, beim Moderator sofort stoppen und dann am besten das Band noch per Hand eine Viertel Umdrehung zurückspulen, damit die Moderatorestimme hoffentlich überspielt würde mit dem nächsten aufgenommenen Stück.
Ich habe ungezählte Stunden mit dem Cassettendeck auf "Pause" so auf die Aufnahmen geläutert und die Cassetten dann wieder und wieder abgespielt und archiviert.
Viel Taschengeld ist damals in die Cassetten geflossen.
Auf die habe ich mir auch LPs aufnehmen lassen bzw. selbst aufgenommen. Aber das ist schon eine andere Geschichte.