Bücherstöckchen (Tag 13)

"Ein Buch, bei dem Du immer lachen musst."

Ich hab die Frage mal ganz naiv verstanden, was nicht ungefährlich ist. Denn ein Buch, bei dem "Lachen" auf dem Etikett steht, ist immer riskant. (Außer bei vielleicht Wasserlachen oder Blutlachen).
Wenn gar „Lachen mit...“ der Anfang eines Buchtitels ist, dann klingt das bedrohlich. Schließlich könnte es auf eine Ansammlung der strunzdümmsten Scherze von Mario „DasistmeinLaden“ Barth hinauslaufen, oder auf das Lustigste von Peter Frankenfeld (leider nur in Schriftform und schon deshalb nicht mehr lustig), schlimmstenfalls ist das Buch bei dem ziemlich katholischen Weltbild-Verlag erschienen und ein ehemaliger Nachrichtenverleser vom ZDF erzählt uns „nachdenklich machende Geschichten mit einem Lächeln im Knopfloch“ unter der Überschrift „Lachen mit Peter Hahne“.
In diesem Fall ist das anders: „Lachen mit James Thurber“ erschien erstmals 1964 bei Rowohlt und versammelt jede Menge wunderbar schimmernder Perlen zu einer Kette, die ich wie einen Rosenkranz eine nach der anderen und dann gleich wieder von vorn herunterbeten möchte.
(Das einzige, was mich an dem Buch stört, ist, 
dass keiner von Thurbers Cartoons gezeigt wird. Solche wie z.B. der hier...)

Hier ein paar Beispiele für Thurbers Schreibkunst: 

„Die Winships trennen sich“ ist der Titel eines Dramas, das auf einer besoffenen Cocktailparty seinen Anfang nimmt: 
(...) Endlich riss sich Marcia zusammen und fragte ihn ganz ruhig, welchen lebenden oder toten Schauspieler von Film oder Bühne er nun  eigentlich für größer halte als die Garbo.
Gordon überlegte kurz und sagte dann ebenso ruhig, wie sie ihre Frage gestellt hatte: „Donald Duck“. (...)
Was so anfängt, kann nur mit Scheidung enden. Tut es auch.
„Walter Mittys Geheimleben“ beschreibt die abenteuerlichen Träumereien eines unauffälligen New Yorkers Mannes, der mit einer erschreckend realistischen  Frau verheiratet ist:
(...)„Nur ruhig, Mann!“ sagte Mitty leise und kühl. Er eilte zu der Apparatur, die jetzt pocketa-pocketa-quiek-pocketa-quiek machte, und fingerte vorsichtig an den blitzenden Knöpfen herum.
„Geben Sie mir einen Füllfederhalter!“ Im Handumdrehen hatte er den schadhaften Kolben durch den Füllfederhalter ersetzt, den ihm jemand reichte.
„Das wird’s 10 Minuten lang tun“, sage er. „Sie können weiteroperieren.“(...)
Das Buch schließt mit einer Reihe ziemlich unfreundlicher „Fabeln für Zeitgenossen“.
Statt grimmsch ist das Rotkäppchen hier eher grimmig: 
Sie war noch keine drei Schritte auf das Bett zugegangen, da merkte sie, dass es nicht ihre Grossmutter war, sondern der Wolf, denn selbst in einer Nachthaube sieht ein Wolf einer Großmutter nicht ähnlicher als der Metro-Goldwyn-Löwe dem Präsidenten der Vereinigten Staaten. Also nahm das kleine Mädchen einen Browning aus Ihrem Korb und schoss den Wolf tot.
Über so was kann ich sehr lachen. Mit James Thurber eben.

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