Warum ich in der Werbung bin?

Genau genommen, weil ich eben 18 war und relativ betrunken. Ich saß mit einigen Leuten aus meiner Clique (– heißt das heute Gang oder Posse oder wie? – ) in der "Ratsschänke" zu Marne und tönte rum, die Bilder an den Wänden dieser Kneipe wären so furchtbar, da könnte genau so gut bzw. besser ich meine Sachen ausstellen. Auf diese Behauptung wurde ich dann von den anderen festgenagelt. Um mich nicht komplett zu blamieren, musste ich also den Wirt – den stets etwas verdächtig überväterlich-freundschaftlichen Herrn P. (Initial geändert) – ansprechen, der mich denn auch aufforderte, am nächsten Tag mal mit meinen Arbeiten vorbeizukommen.
Das meiste Zeug war – soweit mir erinnerlich – erbärmlich verkrampft verkopfter Mist: gequält sozialkritische Kreuzschraffuren mit dem Rapidographen, Tuschepinseleien nach Beatles-Texten. Und so weiter. So Zeug halt.
Herr M. (Initial wieder geändert) fand's gut und lud mich ein, die nächste Ausstellung gemeinsam mit dem damals schon einigermaßen, jedenfalls in Marne renommierten Fotografen Leander Segebrecht zu bestücken. Was war ich froh: Allein hätte ich kaum genug an die Wände gekriegt.
Die Austellung begann, hing vollkommen unbeachtet herum und hörte auch wieder auf. Nur einmal, berichtete Herr Q. (Initial erneut geändert) hatte ein Ehepaar nach dem Künstler und einem der Werke gefragt.
(Jahre später erzählten meine Eltern, sie wären dort gewesen und hätte sogar beinah eins der Bilder beinah gekauft. Es hätte ihnen dann aber doch nicht so sehr gefallen. Hm.)

Einige Monate später stand ich mit ein paar Büchern am Rückgabetisch der Marner Stadtbücherei. Frau Hadenfeld, die Leiterin, nahm sie entgegen und trug mich aus. Dabei sagte sie meinen Namen, was eine Frau von Anfang, Mitte vierzig Jahren hörte.
Die sprach mich dann an:
Haben Sie nicht diese Ausstellung in der Ratsschänke gemacht?
Ja!!! Waren sie drin?
Nein, aber das Plakat hat mir gut gefallen. Haben Sie das gemacht?
Äääh...ja.
Wieso?
So was sollten Sie vielleicht beruflich machen.
Die freundliche Frau empfahl mir dann, meine Mappe doch mal an die Hamburger Kunstschule Alsterdamm zu schicken und mal zu gucken, was geschehen würde. (Ich hörte ihr schon deshalb besonders aufmerksam zu, weil sie sich als die Mutter von Claudia van Hees entpuppte. Und Claudia wiederum hatte ich immer sehr gemocht, so sehr, dass ich mir eher die Zunge abgebissen hätte, ihr genau das zu sagen.)
Also hab ich meine Mappe dahin geschickt und wurde angenommen. Danach musste ich nur noch mein Abitur bestehen und meine Eltern überzeugen, dass ein Bauernsohn durchaus auch Grafiker werden kann, wenn nämlich die Eltern bereit sind, die horrenden Privatschulgebühren zu bezahlen.

Der Rest ist Geschichte. Und zwar eine völlig andere.

(Danke an den Werbeblogger für die Anregung zu dieser Erinnerung)

1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

Hey Thies, sehr cool, Deine Geschichte mal zu lesen. Ist das der Auftakt zu einer Biographie? :)

Klingt aber doch sehr straight. Und bist Du zufrieden damit, wie es gelaufen ist? Oder würdest Du jetzt rückwirkend lieber was anderes gemacht haben?

Liebe Grüße