Hasenschlachtung beim Handelsblatt

Das Handelsblatt hat eine neue Kampagne. Ein Teil davon läuft auf N-TV, N24 und Bloomberg. Die Handelsblatt-Presseabteilung behauptet, eine "ungewöhnliche, witzige Story erzählt der TV-Spot: Ein Vater bekommt von seiner Tochter zur Begrüßung ein süßes Papier-Häschen geschenkt, ist dann aber so fasziniert und neugierig auf das, was auf der Innenseite gedruckt ist, dass er das Häschen schnell wieder in eine lesbare Handelsblatt-Seite verwandelt."

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Wie bitte? Verwandelt?
Was meine liebe Frau und ich gesehen habe, war ein kleines Mädchen, das – den Tränen nahe – seinem Vater dabei zusehen musste, wie der den kleinen, selbstgebastelten Pappmaché-Hasen zerdrückte und zerfetzte, um dann die Teile auf dem Tisch zu einem Handelsblatt zusammenzupuzzeln. Mama stand derweil wohlwollend hinter Papa und las ihm über die Schulter. Und dann hieß es "Handelsblatt. Substanz entscheidet."
Man hat wohl sogar beim Blatt und der zuständigen Agentur Grey gemerkt, dass der Spot ein bißchen ZU DEUTLICH sagt, wie wenig substanziell Kinder bei Entscheidungen sind. Also gibt's einen Werbespot später noch einen kleinen Nachklapper: Die ganze Familie hat sich nun zu einem Gruppenbild platziert, und das Kind hält einen echten weißen Hasen im Arm und lächelt. Der heißt wahrscheinlich Harvey und den hat Papa ihm gekauft, weil er immer so wenig Zeit hat, der Sack!
"Verantwortlich für die Kampagne sind für die Handelsblatt GmbH Geschäftsführer Joachim Liebler und Werbeleiterin Susan Koll, für Grey Worldwide Düsseldorf Executive Creative Director Michael Funk und Managing Director Rainer Barth."
Hat irgendeine der genannten Personen Kinder? Und, falls überraschenderweise ja, wie geht es denen? Ich werd' mal fragen...

2 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Erinnert mich an den Kinofilm »Das Wunder von Bern«, wo die Familie am Tisch sitzt und unwissend (bis auf den heimgekehrten Vater) die Kaninchen vom Sohn verzehrt. Als der die Reste in die Mülltonne werfen will, die Felle seiner Freunde in der Tonne sieht und der Stall leer ist, ist ihm plötzlich auch etwas übel … Ja, das ist natürlich eine ganz andere Geschichte.

Aber um auf die Grauen zurückzukommen: Ab einer gewissen Einkommensklasse kann es schon dazu kommen, dass man zwar Kinder hat, die aber nur Sonntags zu Gesicht bekommt, wenn man die linke obere Ecke der Morgenpost mit dem Zeigefinger wegdrückt. Dafür hat man dann aber einen »Ein Herz für Kinder« Aufkleber am AMG dezent gestylten Benz. (OK, natürlich kann ich das weder bei Herrn Liebler, Frau Koll, Herrn Funk oder Herrn Barth einschätzen.)

Ich find auch die »Computerbild hilft«-Kampagne nicht so klasse, wo den Hohlköpfen die Schädeldecke aufgeschnitten wird, um eine Computerbild reinzuwerfen … Geil finde ich da den Slogan »Bild Dir Deine Meinung« gut. Fehlt zwar ein Komma, aber das scheint keiner zu merken, was der Satz eigentlich bedeuten soll …

Da fragt man sich manchmal, ob Werbung die »dunkle Seite der Macht« ist, oder? Naja, es gibt ja auch Jedi-Werbung.

Also: Möge die Macht mit Euch sein.

Anonym hat gesagt…

Tja, Werbung als Spiegel der Gesellschaft...hab selber früher in Agenturen gearbeitet und sehe es deshalb eh sehr kritisch.
Der "Hasenspot" ist echt gemein.
Hammerhart finde ich auch zum Beispiel die brutalen Baumarktspots; zerbombte Maulwürfe, abgeschlagene Köpfe, durchbohrte Hände etc.
Krank. Anscheinend wird in vielen Agenturen doch immer noch soviel gekokst.
Was ich beobachte: die Praktikanten-Kreativen Mitte 20 wollen total flippig sein in dem was sie machen (gähn); die Etablierten Mitte 30 immer noch verrückt und wer mit Mitte 40 noch als Kreativer in einer Agentur rumhopst, hat sie ja sowieso nicht mehr ganz, nach all den Jahren Wichtigtuerei, schwarzen Hornbrillen und Sex mit der Assistentin.
Realitätsfern und alltagsuntauglich sind sie alle.
Aber nur die tabulostesten Egomanen können diesen Job durchhalten.
Und so kommen solche kranken Hasenspots zustande.
Arme Kinder...