Reklame-Geschichten (1)

Alte Säcke reden gern über früher und wieviel schöner und lustiger alles war. Nun kann ich zwar kein Stalingrad und nicht mal eine Berliner Straßenschlacht vorm Springerhaus bieten, aber hey, ich bin Werber. Also gibt's von heute an in loser (und völlig unzuverlässiger) Folge Ausschnitte aus meinen Erinnerungen, mal anekdotisch, mal schwer historisch, aber immer so erzählt, dass niemand sich be-und mich ver-klagen kann.
Nummer 1 also lautet:

Opfer der Einheit
Vor vielen, vielen Jahren, als manche von Euch, liebe Leser, noch kaum geboren waren, gab es einmal zwei Deutschlands. Das eine war böse, es hatte eine etwas eklige Regierung und verlogene Zeitungen, und das andere auch war auch so. Da war es kein Wunder, dass sich die beiden Länder schließlich zu einem zusammenfanden. War das eine Freude! Überall! Auch in einer großen Hamburger Werbeagentur saßen Kunden und Mitarbeiter um einen runden Tisch und erzählten sich, wie toll sie das alles fanden. Dann gingen alle wieder in Ihre Büros.  Nun begab es sich aber, dass just zu dieser Zeit ein Creative Director dieser Agentur ein Personalproblem hatte. Seine Untergebenen hatten Überstunden und -tage lang mit der Reklame für eine berühmte braune Brause zugebracht, und die Arbeit wurde und wurde nicht weniger, deshalb wurde zum Jahresbeginn eine weitere Art Directorin eingestellt. Als sie an ihrem ersten Arbeitstag in der früh um neune in die Agentur kam – sie war wirklich sehr früh da – und von der Kreationssekretärin in ihr Büro geführt wurde, stand da ein hübscher Blumenstrauß für sie. Wie lieb!  Einige Minuten später schellte ihr Telefon und der Personalchef der Agentur bat sie zu sich. Dort erfuhr sie, dass der Hersteller der braunen Brause plötzlich beschlossen hatte, den Werbeetat zu kürzen, um mit dem gesparten Gelde ein Vertriebsnetz in dem anderen, noch ungebrausten Teil Deutschlands aufzubauen. Der Personalchef sagte ihr dann, das aus diesem Grunde ihr erster Tag in der Agentur ihr letzter gewesen sein werde und, dass sie das Januargehalt "natürlich" bekäme. Die Blumen durfte sie mitnehmen.

2 Kommentare:

Kiki hat gesagt…

Die Kirsche auf dem Storykuchen wäre noch gewesen, wenn die junge Dame aus dem zu bebrausenden Teil Deutschlands stammte. Aber auch so ein schönes Anschauungsbeispiel für die Frage nach westlichem Werteverständnis.

Unknown hat gesagt…

Ich weiß nicht, woher sie kam. Wir kannten uns ja kaum, da ging sie auch schon wieder. (..."we are like ships in the night...")