Zweitausendeins heulende Höllenhunde!

Zweitausendeins.

Ich hab den Film erst spät gesehen, den dazugehörigen Versand relativ früh.
Um 1974 fing ich nämlich an, die Zeitschrift Pardon zu lesen, eine – soviel für meine jüngeren Leser – Satirezeitschrift, in der so ziemlich sämtliche Vertreter eines Humors veröffentlichten, der später unter "Neue Frankfurter Schule" lief und in der Titanic seine Fortsetzung fand. Und in dieser Zeitschrift gab es (außer der Werbung für Drehtabake) merkwürdig wimmelig zugetextete Anzeigen eines Buchversands, die ich richtig gern las. Die waren nämlich richtig gut geschrieben, besser als der Großteil der damaligen Reklame, besser auch als das meiste, was heute so weggeworben wird.
(Ich will mich nicht so weit versteigen, dass diese Texte mich dazu bewegt hätten, evtl. Werbetexter werden zu wollen, aber zumindest begriff ich, dass auch solche Texte Freude machen können.)

Irgendwann las ich nicht nur, ich bestellte auch: Das Rolling-Stones-Songbook beispielsweise, das von Zappa, Gedichte von Bukowski, La femme 100 têtes von Max Ernst (hab ich heute noch) und natürlich auch die Trilogie von Henscheid, die Gedichte von Gernhardt, WimS (hab ich auch alles noch), die Crumb-Skizzenbücher (hab ich) und so weiter und so weiter.
Und weil ich inzwischen in Hamburg wohnte, war ich auch regelmäßig im inzwischen eröffneten 2001-Laden im Univiertel und drängelte mich zu Gorey-Remittenden oder merkwürdigen amerikanischen Weltmusik-Samplern durch.

Irgendwann um 1994/1995 lernte ich den Chef kennen. Lutz Reinecke (geb. Kroth) war zu Besuch bei einem Freund, um mit ihm die Neuauflage seines Buches "Von Hanf ist die Rede" zu besprechen. Hans-Georg Behr hatte dieses Buch Jahre zuvor im Schweizer Sphinx-Verlag veröffentlicht und sich später sehr darüber geärgert, dass Matthias Bröckers und Jack Herer (zwei auch irgendwie von Hanf Begeisterte) sich für ihr bei 2001 erschienenes Buch "Hanf" offenbar in Teilen stark durch Hans-Georgs Buch hatten inspirieren lassen. Nach der ersten Aufregung darüber hatte er dann einen Brief an Kroth geschrieben und vorgeschlagen, sozusagen als Entschädigung den lange vergriffenen Band* neu und aktualisiert aufzulegen.
Merkheft #134, März/April 1995
Das hatte insofern Folgen für mich, als Hans-Georg mich bat, den betreffenden Anzeigentext im 2001-Katalog zu schreiben. (Hey! Zurück zu den Wurzeln.) Dieser Text machte offenbar nicht nur mir Spaß, denn danach durfte ich ein zwei Merkhefte lang auch weitere Bücher des Versandhauses bewerben – bis sowohl Kroth als auch ich die Lust verloren. Denn meist sollten diese Texte nur aus einer irgendwie lustigen Überschrift bestehen und darunter aus zusammengestoppelten Zitaten manchmal sehr obskurer Rezensionen. Und die beworbenen Bücher-Remittenden waren in der Mehrheit schlicht fad und nicht ohne Grund Remittenden. Also haben wir's dann wieder gelassen.

Titeillustration Alfred Hrdlicka
Ein paar Jahre später hab ich dann immerhin noch ein Buch von Hans-Georg layouten dürfen.  "Winifred und Wolf" verkaufte sich überhaupt nicht: Wer* will schon ein aus Originalzitaten von Hitler, Wagner und Winifred Wagner montiertes Theaterstück lesen? (Ein im übrigen sehr schönes Theaterstück, das ich nach wie vor gern auf einer Bühne sähe.)

Danach hatte ich nicht mehr viel für und nur noch wenig mit 2001 zu tun. In diesem August schenkte mir meine Frau die gesammelten Kurzgeschichten von Philip K. Dick. Vor einigen Wochen war ich im Laden an den Colonnaden. Außer mir war noch eine ältere Dame dort, und zwei Verkäufer. Und die Auslage interessierte mich auch kaum. Bleibt zum Ende also nur eine fader Fluch als Überschrift und ein müdes Amüsement, dass ausgerechnet Matthias Bröckers die Verlagsgeschichte in ein Buch (erschienen natürlich wo?) versammelt hat. 

Zweitausenddreizehn.




*Beide Titel sind noch antiquarisch erhältlich,
zu Spottpreisen z.B. bei booklooker

4 Kommentare:

Arno Nühm hat gesagt…

Es ist Dir aber schon bekannt, dass sämtliche Filialen (auch die in den Colonnaden) schliessen, oder?
Vielleicht war es deswegen etwas müde dort...

Unknown hat gesagt…

Ja, das wusste ich und das warauch auslösendes Moment für diesen Post.
Allerdings ist die Filiale schon lange scheintot gewesen – und im Katalog "Merkheft" wurden die Filialen monatelang potentiellen Franchisenehmeren angeboten. War aber nix.

Arnold Hau hat gesagt…

Schon mal in Frankfurt gewesen?
Da gibt es immer noch den ersten und vielleicht auch letzten Zweitausendeins Laden. Seit Juli 2013 aber tatsächlich als Franchise Kooperation.

Es grüßen die langjährigen Angestellten und neuen Geschäftsführer

Konny Künkel und Robrt Egelhofer

Unknown hat gesagt…

Lieber Arnold Hau, ich drücke Dir die Daumen. Tatsächlich fehlt mir der 2001-Laden im UniViertel, wo ich Deine gesammelten Werke schon vor ca. 20 Jahren gekauft habe.
Gruss, Thies. Und wenn ich mal nach Frankfurt komme....