Werbemuseum: Alles schon dagewesen

Sonnenbräuneapplikationsmaschine, 1949

Werbung für ein Malariamedikament,
Papua-Neuguinea während des II. Weltkriegs

Sonderangebot einer verarmten Mutter, Chicago, 1948

Ein paar durchaus merkwürdige Anpreisungen und Botschaften, die mir freundlicherweise von Heike Bargmann zugesandt wurden.

Schreibe, Spreche, Indiefressehaue

Es sind nicht nur "kleine, aber feine" Agenturen und Designbüros, die ihre Suche nach guten Textern so formulieren, dass noch der letzte Leser ihr Problem bemerkt, nämlich: dass sie keine haben. Gute Texter nämlich, meine ich. Ausgerechnet die Zeugnisse dieser großen Not allerdings schrecken mich manchmal davon ab, mich dort vorstellen zu wollen.
Ich meine nicht mal die Unverschämtheiten, mit denen Praktikanten mit langjähriger Erfahrung und Kenntnissen auch in Photoshop und einfacher Webprogrammierung gesucht werden. Und noch die Selbstbeschreibung als "junges, begeistertes Team" vermag mich alten Sack kaum abzuschrecken.

(Soviel vorne weg. Jetzt aber:) 

Beispielhafte Bildschirmschieße

Würgend eng wird's mir am Hals, wenn ich in einem Jobangebot, sei es fest oder frei, das böse Wort lese:
"Schreibe"
Sie wird immer wieder gefordert, und zwar wahlweise in den Kombinationen
"Flotte Schreibe"
und, noch origineller, ja weitaus kreativer:
"Kreative Schreibe"
Da ist dann sofort meine kritische Denke aktiv und wenn wer außer mir im Raum ist, schalte ich auch meine schlechtgelaunte Spreche an, um wenigsten verbal zur klaren Ausdrücke zu bringe, dass der Anbieter dieser möglichen Beauftrage von mir eine wohlplatzierte Beleidige zu gewärtigen hätte, verfügte er denn über eine momentane Anwese im Raum.

(Finden Sie nicht auch, dass die letzten Zeilen kaum zu ertragen waren? Umso mehr danke ich allen, die bis hierher die  notwendige Durchhalte hatten, für Ihre geduldige Lese. )

Werbemuseum: Altes von der Küchenwand

Pappschild, ca. 1950 - 1960,
bei einem Hamburger Trödler
vor 15 Jahren gekauft

circa 1925
(Bitte den Text laut lesen)

wahrscheinlich 50er Jahre

Pappplakat für ein Keimhemmungsmittel,
das um 1948 entwicklet wurde

Das war Douglas früher, um 1950

noch mal Kult auf Pappe

Dali von Pappe, um 1960

Pappschild, mehr weiß ich auch nicht.

Pappschild mit Prägung
50er mit ganz wenig Nikotin

Frankreich, von Perrier, nach 1954

Um 1950, 1999 in Österreich ertrödelt
(zusammen mit Sport-Cola)

Handgemalte Druckvorlage
für ein Werbeschild, 20er bis 30er Jahre
(gekauft um 1989)

Die doofen Seiten des Internets

Ich arbeite gerade im Auftrag eines Kunden an einer Namensfindung, und da muss ich natürlich alle möglichen und unmöglichen Buchstabenkombinationen auch mal in den Browser schreiben und gucken, was sich dahinter so verbirgt.

Dabei habe ich auch die Firma Strux entdeckt, die mir sehr viel Spaß macht:
Erstens gibt es sie seit 35 Jahren oder 35 Minuten oder 35 Metern, weiß auch nicht.


Da will ich natürlich gleich mehr wissen und die Firma informiert mich netterweise schon auf der Sartseite, ich zitiere: 
In brief, you should know the following about us: our company was established in [insert year] and had been responsible for providing outstanding [insert service, products] ever since. Our specialty is in the area [insert information or delete sentence]. Our regular customers particularly value [insert information delete sentence]. Our business is located at [insert address].
Ehrlich, selten habe ich eine so nach allen Seiten offene Leistungsbeschreibung gelesen.
Und dem entsprechend so sind dann auch die Produkte von Strux.


Es gibt gleich drei, und damit ich nicht durcheinander komme, sind sie durchnummeriert. Also alles in Ordnung. Oder, Bob?

Zumindest weiß ich jetzt, warum ich bei manchen Websites das fiese Gefühl habe, die Texte wären nur aus übelsten Bausteinen mithilfe irgendeiner Selbstmachsoftware zusammengehauen. Weil's nämlich genau so ist. Discountercontent statt des aktuell so gern geforderten Storytellings. Immerhin hab ich noch ne Geschichte erzählt. Wenn auch keine schöne.

(...unauffällig in die hohle Hand kotzend ab, während der Vorhang rauschend herabsinkt...)

Fernsehabend, gezappt.

© Thies Thiessen 2013

© Thies Thiessen 2013

(Im Einzelnen: Tatort aus Österreich, Quizsendung, Animationskrawall, Indiana-Jones-Kopie, Werbefernsehen, Details nachzulesen in TV Movie. )

Auszüge verschiedener Werke

"Andorra" von Max Frisch,
aufgeführt von Schüleren der 9. Klasse des Gymnasiums Oberalster
unter der Leitung von Herrn Kärcher (der Herr vor der Bühne)

"Angst und Schrecken in Las Vegas" von Hunter S. Thompson,
als Hörbuch vorgelesen von Güther Amendt, Martin Semmelrogge und Smudo
(CD 1 von 4) 
© Thies Thiessen 2013

"Die Moritat von Mackie Messer" aus der "Dreigroschenoper"
von Bertolt Brecht (Text) und Kurt Weill (Musik)
© Thies Thiessen 2013

Es hat so tolle Namen: Graphic Recording, Graphic Facilitating – gemeint ist damit die zeichnerische Begleitung von Konferenzen und Meetings zum Zwecke des Protokollierens, in der Hoffnung, dass einfache Bilder mehr sagen und bereitwilliger betrachtet werden als ewig lange To-Do-Listen.
Diese reizvolle Technik hat natürlich auch ihre Grenzen, immer dann nämlich, wenn es eben doch auch auf die Wörter/Worte ankommt, beispielsweise bei Literatur.
Trotzdem versuch ich es halt immer mal wieder gerade da. An durchaus unterschiedlichen Texten, mit durchaus unterschiedlichen Ergebnissen.

Bild schön: Hamburger Sommer 2013

Man sollte ja immer macht das Beste draus machen.
Zum Beispiel eine Illustration.

© Thies Thiessen 2013

Der Vollständigkeit halber (und, weil mir die Vorstufen dieser Illustration so gut gefallen, dass ich sie auch gern zeigen möchte): Es hat die ganze Nacht geregnet. Auch heute früh um sechs regnete es noch. Und um sieben. Um halb acht, als es natürlich immer noch regnete, fand ich plötzlich, der rosagraue Himmel sähe eigentlich ganz schön aus. Und, dass ich das zu einem Bild machen sollte.
Also habe ich mir eine Skizze dafür gamcht. Mit Kuli auf Post-It.


Eine halbe Stunde später habe ich das iPad genommen, Adobe Ideas geöffnet und losgelegt.
Den Baum (also die schwurbelige Linie auf dem Post-It) habe ich weggelassen



Eine dreiviertel Stunde danach habe ich das fertige Bild durch eine Bildbearbeitungsapp (iColorama) gejagt. Da sah's dann sehr richtig aus. Also nicht so schön.


Deswegen habe ich diese Illu mit der App Thumba insoweit behübscht, dass sozusagen gedachte Tröpfchen auf der gedachten Fensterscheibe zaubrische Reflexe liefern. Siehe oben.


Durcheinander, anonymisiert.

Was tun, wenn ziemlich vielen und nicht durchweg erfreuliche Veränderungen anstehen? Da muss man sich einfach mal gemeinsam hinsetzen und ganz nüchtern drüber nachdenken und aufschreiben, was ist bzw. wird. Irgendwas wird schon dabei herauskommen.

Geht doch. Und wenn's 'ne Skizze ist.
© Thies Thiessen 2013 (Für Großansicht klicken)


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Für alle kommenden Skandinavienkrimis hier schon mal alle kommenden Werbetexte.  
Im winterlichen/schwülen/regnerischen
Tromsø/Stockholm/Dikkebåkken
tötet ein wahnsinniger/fanatischer/perverser/hochintelligenter
Serienmörder/Mediziner/Gärtner/
auf bestialische/grausame/unangenehme Weise.
Seine Opfer sind stets/immer/fast ausnahmslos
junge/alte/blinde
Frauen/Börsenmakler/Obdachlose.
Auf der fieberhaften/angstgeschwängerten/nächtlichen Jagd
nach dem unheimlichen/geheimnisvollen/brutalen
"Eismann"/"Warzenschwan"/"Käpt'n Iglu"
kämpft/wühlt/schnüffelt
sich der alkoholkranke/diabetische/hochverschuldete
Kommissar/Privatdetektiv/Antiquar
Klåppentekst/Gøring/Lönnebergå
durch ein Labyrinth/Wirrwarr/Nachtschränkchen
aus Verdächtigungen und falschen Fährten/Hinweisen/Umleitungsschildern.
Immer neue Morde/Gewaltakte/Bluttaten geschehen.
Als Klåppentekst/Gøring/Lönnebergå 
ins Visier/auf die Todesliste/auf die Spur des Killers kommt,
entwickelt sich/beginnt/entbrennt
ein gnadenloses/blutiges/tödliches Duell.
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Krimi des Jahres/Jahrzehnts/Erfolgsautors,
eine großartige/spektakuläre/schweißtreibende
Symphonie/Kakophonie/Ballade
des Schreckens/Grauens/Bösen."
          Bild/Stern/TZ/Apotheken-Umschau/Franz Beckenbauer
Also, einfach auswürfeln und draganddroppen.
(Und ansonsten haltet bloß die Klappen, Texter.)

*Unter anderem inspiriert durch den "Schneemann" von Jo Nesbø.