Keine Zeit für Grammatik?

Stern v. 3. 7. 2014
Früher waren Zeitschriften im Sommer immer dünner als zu anderen Zeiten. Das lag daran, dass die Anzeigekunden nicht einsehen wollten, wozu sie im Sommer in deutschen Blättern werben sollen, wo doch eh alle Leser auf Malle sind.
Heute sind die meisten Magazine das ganze Jahr hindurch dünn und das liegt daran, das potentielle Werbekunden nicht begreifen wollen, wozu sie Anzeigen schalten sollen, wo doch eh alle immer im Netz sind...

Das ist unschön.

Unschöner noch ist, dass die Blätter dieser Entwicklung unter anderem damit begegnen, auch ihre gedruckten Ausgaben immer twittriger zu machen.
Will sagen:
Artikel werden kürzer, der Kulturteil verwandelt sich in gedruckte Posts, alles muss schneller sein und wird schneller vergessen – wenn es da nicht den einen oder anderen aufmerksamen Leser gäbe, der eben doch noch hinguckt.

Der eine bin ich.
Und im Stern entdeckte dieser eine Anfang Juli drei Filmkritiken, die zusammengenommen kürzer sein warenals dieser Post.

Für jeden der besprochenen Filme wurden dort drei Fragen mit jeweils nur einem Satz beantwortet.
Worum geht's?
lautete die erste dieser Fragen, zu dem Werk "Eine ganz ruhige Kugel". 
Junger Provinz-Nobody
steigt dank seines Mentors
zum Boule-Star auf.
ist die Antworten.

Und jetzt steht der Leser hilflos da, denkt vier Wochen nach und möchte doch gern mehr wissen.
Wird also Terence Hill ("Mein Name ist Nobody" Italien 1973) vom Dorfe zum Weltmeister der ruhigen Kugelschieber*, weil sein Mentor ihm dankt?

Oder, anders gefragt:

Kein Geld für echte Schreiber, lieber Stern? 
Keine Stelle fürs Lektorat?
Keine Zeit für Grammatik?

Wenn Ihr wenigstens mal ne süße Katze auf dem Titel hättet, aber neee....
Demwegen lese ich Euch auch nicht mehr gern.




*Ja, ich weiß: es müsste anders heißen, aber drauf gehustet...

3 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

»...ist die Antworten«. Keine Zeit fürs Korrekturlesen?!

;-)

Unknown hat gesagt…

Wie beim STERN. Das machen die Leser.
Danke!
;-)

Unknown hat gesagt…

Der Zwiebelfisch ist hier rigider als der Duden (Band 9: Richtiges und gutes Deutsch), demzufolge der Dativ bei "dank" seinem "besonderen syntaktischen Verhältnis" entspringt, "das hier zugrunde liegt": "dank sei seinem Einfluss" wurde zu "dank seinem Einfluss". Gleichzeitig akzeptiert der Duden allerdings, dass vielfach auch der Genitiv eingesetzt werde und auch "standardsprachlich als korrekt" gelte.
Ich bin da offenbar etwas altmodisch und höre bei "dank seines Mentors" immer "der dank seines Mentors" mit.
Hm. Muss ich drüber nachdenken.

Ich dank deiner, Dagmar.